Einführung von Christa Tornow
Der berühmte Romanist Victor Klemperer – Sie alle haben vermutlich seine Tagebücher aus dem Dritten Reich gelesen – Klemperer, der Voltaire ein ganzes Jahrhundert gewidmet hat, fand dessen Verssatire »La Pucelle« bedauerlich abgeschmackt. Diese Meinung kann man teilen. Nun, Satire erlaubt alles, fast. Voltaire verfasste sein Langgedicht über Johanna von Orleans so um 1730 für seine Freunde zur Abendunterhaltung. Aber die Freunde hatten einen solchen Spaß an den frivolen Versen, dass die Sache nicht lange privat blieb. Sie machten Abschriften für weitere Freunde; Verleger veröffentlichten Raubdrucke – ein Copyright gab’s noch nicht. Kurz: »La Pucelle« – der deutsche Titel »Die Jungfrau« – wurde Voltaires populärstes Werk. Voltaire konnte seinem Hass auf die katholische Kirche und jede Form von Aberglauben mal richtig Luft machen und zugleich mit seiner erotischen Persiflage einer Nationalheldin ihren Heiligenschein rauben.
Zur Geschichte: Wir befinden uns im 15. Jahrhundert. Zwischen Frankreich und England tobt der Hundertjährige Krieg. Und da macht sich ein junges Dorfmädchen auf und nimmt die Sache in die Hand. Sie befreit die Stadt Orleans von den Briten und führt Kronprinz Karl zur Krönung. Das ist eine schlicht abstruse Geschichte – aber verbürgt. Wie war das möglich? Die wundergläubigen Zeitgenossen sahen darin ein Wunder – manche tun es heute noch. Das Wunder funktionierte, weil Johanna Jungfrau war! Damit hatte es die katholische Kirche seit der unbefleckten Empfängnis von Maria, der Mutter Jesu. Und eine Steilvorlage für einen überzeugten Aufklärer wie Voltaire. Der nutzte den großartigen Stoff, um mal richtig in die Vollen zu langen.
Nachtlesung in den Künstlerischen Werkstätten Trebel am Freitag, dem 9. Februar um 20 Uhr mit Gero Wachholz (Lesung) und Johann Jacob Nissen (Gitarre)
Platzreservierung unter: Telefon 05848 1326 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Kostenbeitrag: 12 €